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140608Vogalonga3(Fotos und Texte: Prof. Dr. Johannes Weberling) Nicht ganz so zahlreich wie im vergangenen Jahr, dafür aber mindestens genauso motiviert, reisten 16 BRC-Recken aller Generationen Pfingsten auf verschiedenen Wegen nach Venedig, um Pfingstsonntag an der 40. Vogalonga in Venedig teilzunehmen.
Die Vogalonga (= langes Ruder der Gondolieri) wurde erstmals 1975 als Protestveranstaltung gegen die zunehmende Kommerzialisierung der Lagune von Venedig durchgeführt. Seitdem treffen sich am Pfingstsonntag jedes Jahr Ruderer aus der ganzen Welt mit allen Bootstypen, die man sich nur denken kann,- einzige Bedingung: Betrieb mit Muskelkraft - zur Vogalonga in Venedig, um den 30 km langen Rundkurs

vom Hafenbecken vor dem Markusplatz über San Erasmo die Lagune nordwärts hoch bis Burano und von dort über Mazzorbo, Murano  über den Canal Cannaregio wieder nach Venedig hinein mit Zieleinlauf durch den nur an diesem Tag für Motorfahrzeuge gesperrten Canal Grande zurück zum Bassin San Marco zu bewältigen. 


Die 40. Vogalonga sprengte alle Rekorde: „Un invasione di 2300 barche una festa di popolo a remi“ titelte die NUOVA VENEZIA am 9. Juni und berichtete von einer phänomenalen Stimmung der über 8.000 Ruderer, aber auch von glühender Hitze und extremer Luftfeuchtigkeit.

140608 VogalongaNach unseren Erfahrungen im vergangenen Jahr mit den diversen wohl regionalspezifischen organisatorischen Defiziten hatten wir uns in diesem Jahr besser vorbereitet. Jörg Hahnebrachte eine Fülle unterschiedlichsten Verpackungsmaterials mit und  Hans-Jürgen Wilzoch Persennings und andere nützliche Dinge. Bei strahlendem Sonnenschein waren die von Hans-Jürgen Wilzoch und seiner Frau (nochmals vielen Dank dafür!) sicher nach Venedig transportierten Boote „Leo Krebs“ und „Roter Stern“ am bekannten Sattelplatz auf Tronchetto am anderen Ende der Insel schnell aufgeriggert und „Vogalonga-fest“ gemacht und dieses Mal gleich auf den Stegen deponiert. Das Sprachengewirr, die unterschiedlichsten Ruderequipments und die Spannung auf den kommenden Tag erzeugen ein tolles, motivierendes Klima. Man tauscht sich aus, witzelt und hilft sich unaufgefordert. Ein Schweizer Ruderer war beispielsweise ganz enttäuscht, daß Dieter Graetz nicht dabei war. Er hätte ihn so gern wieder einmal getroffen.

Die Erfahrungen vom Rennen selber waren unterschiedlich: Während die „Leo Krebs“ mit Hans-Jürgen Wilzoch als Steuermann und Jörg Hahne, Johannes Weberling, Bruno Kahl, Lothar Wieler, Fritz Stuhr und Peter Hoog an den Skulls relativ früh los kam und die 4 km-Strecke bis zum Start ohne großes Gewühle absolvieren konnte, geriet der kurz darauf gestartete „Rote Stern“ mit Steuermann Friedrich Weishaupt und Lennart Ahlhoff, Hendrik Bartholomäus, Vincent Neumann, Victor Jacob, Paul-Fabian Fricke, Henrik Stelling, Ekkehard Stelling und Jurek Meister an den Riemen mitten in das Feld der zum Start fahrenden Boote, aus dem sie nicht mehr herauskamen. Für große Boote wie die unsrigen besteht das Risiko, daß Paddler oder kleine Gondeln ohne „in den Rückspiegel zu sehen“ unsere Fahrtrichtung kreuzen und wir kaum ausweichen, geschweige den bremsen können. So brachte der „Rote Stern“ dann auch unmittelbar nach dem Start einen unvorsichtigen Paddler zur Strecke, dem die Ruderkameraden dann aber wieder solidarisch ins Boot und beim Ausschöpfen halfen.

140608 Vogalonga2Die „Leo Krebs“ hatte mehr Glück. Hans-Jürgen führte uns mit einer umsichtigen phänomenalen Steuerleistung gleich zum Start an die Spitze des Feldes. Nach dem Startschuß, einem Böller, der diesen Namen wirklich verdient, konnten wir uns nicht zuletzt über große Außenkurven aus dem Feld lösen und bis zum Ziel in der Spitzengruppe mitrudern.

Ob ihm Massenfeld oder an der Spitze: Es ist ein phänomenales Gefühl unbehindert von Vaporettos und anderen Motorbooten erst von der „Skyline“ Venedigs weg zu rudern und dann an den Touristenzielen vorbei quasi durch die Hintertür wieder zurückzukommen und angefeuert von begeisterten Zuschauern an den Palazzi des Canal Grande vorbei zum Markusplatz zurück zu rudern.

Kaum durchs Ziel merkt man dann allerdings, daß 30 km bei plötzlich stechender Sonne keine gemütliche Umfahrt sind, sondern einem buchstäblich alles abverlangten. Die 4 km zurück zum Sattelplatz jetzt über Nebenkanäle gerieten deshalb buchstäblich zur Schleichfahrt. In Tronchetto angekommen, erleichterten plötzlich aufgefundene Rotweinflaschen und Bierdosen das Abriggern und Verladen. Nach einer kurzen Erholungspause wurde am Abend bei untergehender Sonne im temporären BRC-Clublokal „TreArchi“ das erste Vogalonga-Garn gesponnen und wuchs die Erkenntnis: „Wir sind Helden – Wir waren dabei“!
P.S.: Nach der Vogalonga ist vor der Vogalonga. Die 41. Ausgabe sollte nicht ohne den „roten Stern“ stattfinden.